Autor: Stefan Wagner | 18.10.2022

Ehrenamt neben Festanstellung – arbeitsrechtliche Bewertung

Nicht selten kommt es in Vereinen oder Verbänden vor, dass angestellte Mitarbeiter neben ihrer bezahlten Tätigkeit zusätzlich ehrenamtliche Leistungen erbringen. Im Einzelfall kann dann strittig sein, ob es dafür Vergütungsansprüche gibt, das Ehrenamt also faktisch „Überstunden“ sind oder gar ein zweites Arbeitsverhältnis besteht, aus dem sich Vergütungsansprüche ergeben.
Bild: Adobe Stock

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Der Fall

In der u. a. Entscheidung ging es genau um dieses Problem. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses machte die Mitarbeiterin zusätzliche Zahlungsansprüche aus dieser Tätigkeit als zweitem Arbeitsverhältnis geltend und unterlag vor dem LAG.

Die Entscheidung

Fehlende vertragliche Vereinbarung

Es fehlte nach Auffassung des LAG eine Vergütungsvereinbarung. Für eine ehrenamtliche Tätigkeit sprach zudem, dass keinerlei zeitlicher Umfang für die Tätigkeit bestimmt war, keinerlei Weisungsrechte festgelegt waren und vielmehr ausdrücklich von einer „ehrenamtlichen“ Wahrnehmung der Tätigkeit gesprochen wurde.

 

Beweislast für Vergütungsvereinbarung trägt der Arbeitnehmer

Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Das nachzuweisen ist aber Sache des Arbeitnehmers und war im konkreten Fall unterblieben.

Auch Nachweise über die Arbeitszeiten erbrachte die Mitarbeiterin nicht. Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611a Abs. 2 BGB eine Vergütung für Arbeitsleistungen, muss er aber beweisen, dass er vertragsgemäße Arbeit verrichtet hat oder eine Vergütungspflicht vereinbart war.

 

Beweislast auch beim Vorliegen von Überstunden

Auch die Frage, ob es sich bei der zweiten Tätigkeit um vergütungspflichtige Überstunden im Rahmen des Hauptarbeitsverhältnisses handelte, verneinte das Gericht. Auch hier war nach Auffassung des LAG die Arbeitnehmerin in der Beweispflicht. Sie musste nachweisen, dass sie über die vereinbarte Normalarbeitszeit hinaus gearbeitet hat und dass die Leistung von Überstunden vom Arbeitgeber verlangt worden war.

 

Hinweise für die Vorstandspraxis

Verein sollte klare vertragliche Regelungen anstreben Das Urteil zeigt, dass fehlende klare Vereinbarungen im Zweifel zulasten des Arbeitnehmers ausgelegt werden. Darauf sollten sich Arbeitgeber aber nicht verlassen, sondern besser klare Regelungen zur Abgrenzung von Arbeitsverhältnis und Ehrenamt treffen.

 

Weitere Konstellation in der Praxis

Von der Konstellation im u. a. Fall ist zu unterscheiden, dass ein Arbeitnehmer eines Vereins oder Verbandes zusätzlich auch eine (andersartige) ehrenamtliche Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber ausübt.

BEISPIEL

Ein hauptamtlich in der Geschäftsstelle des Vereins Angestellter (Vollzeit) ist zusätzlich auch als ehrenamtlicher Übungsleiter tätig und erhält dafür 3.000 Euro nach § 3 Nr. 26 EStG.

 

Fundstelle: Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21.09.2021, Az.: 2 Sa 289/20