Autor: Stefan Wagner | 10.05.2024

Kann die Amtszeit des Vorstands unbegrenzt weiterlaufen?

Die Dauer der Amtszeit des Vorstands ist im BGB-Vereinsrecht nicht geregelt. In der Praxis ist es aber üblich, dass die Amtszeit in der Satzung begrenzt wird.
Bild: Fotolia LLC.

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Um was geht es in diesem Fall?
Endet die satzungsmäßige Amtszeit, ist der Vorstand nicht mehr im Amt und der Verein handlungsunfähig, was rechtliche Nachteile mit sich bringt. Mit diesem Problem hatten viele Vereine auch während der Corona-Pandemie zu kämpfen. Unabdingbar ist daher zum Schutz des Vereins, dass die Satzung eine sog. Übergangsklausel enthält, nach der der Vorstand das Amt auch über die Dauer der satzungsmäßigen Amtszeit hinaus weiterführen muss, bis die MV einen neuen Vorstand bestellt oder das Vorstandsmitglied abberufen hat oder zurückgetreten ist. Gelten solche Klauseln unbegrenzt? Bedeutet das, dass ein Vorstand unbegrenzt im Amt bleiben kann oder muss?


Kernaussage der Entscheidung

  • Vorstandsmitglieder eines Vereins bleiben, sofern die Satzung dies regelt, auch nach Ablauf ihrer Amtszeit so lange im Amt, bis ein neuer Vorstand durch die Mitgliederversammlung ordnungsgemäß gewählt ist und das Amt angenommen hat.
  • Eine solche satzungsgemäße Amtszeitverlängerung gilt unbegrenzt, sofern die Satzung keine Einschränkung vorsieht.

 

Sachverhalt
Ein Verein hatte jahrelang keine Mitgliederversammlung und keine Vorstandswahlen durchgeführt, sodass sich die Frage stellte, ob der „amtierende“ Vorstand den Verein im Rechtsgeschäftsverkehr überhaupt noch vertreten kann. Nach der Satzung des Vereins bleiben dessen Vorstandsmitglieder auch nach Ablauf der Amtszeit so lange im Amt, bis ein neuer Vorstand durch die Mitgliederversammlung ordnungsgemäß gewählt wurde und das Amt angenommen hat. Die Satzung sah auch keine zeitliche Begrenzung für eine verlängerte Amtszeit vor.

 

Die Entscheidung
Das OLG hatte mit der satzungsmäßigen Regelung zur Verlängerung der Amtszeit kein Problem und hielt diese für zulässig, obwohl diese keine Begrenzung der Verlängerung vorsah. Folge: Ein Vorstand kann auch nach Ablauf der Amtszeit ohne Neuwahlen unbegrenzt im Amt bleiben, sofern dies die Satzung nicht anders regelt.

 

Hinweis für die Vorstandsarbeit
Theoretisch kann ein Verein auf Neuwahlen verzichten, wenn die satzungsmäßige Amtszeit des Vorstands abgelaufen ist und die Amtsinhaber voraussichtlich wiedergewählt werden, vor allem dann, wenn keine anderen Kandidaten zur Verfügung stehen. Die satzungsmäßige Amtszeitverlängerung kommt einer unbefristeten Amtszeit gleich, auch wenn man darin einen formalen Satzungsverstoß sehen kann, wenn die Satzung nur eine befristete Amtszeit vorsieht.

 

Lösungsansätze:

  • Die Entscheidung liegt dann bei den Mitgliedern, denn diese können (jederzeit) im Rahmen eines Minderheitenbegehrens nach §§ 36, 37 BGB Neuwahlen einfordern.
  • Letztlich können aber auch die Vorstandsmitglieder reagieren und sich der Amtszeitverlängerung „entziehen“, indem sie vom Amt zurücktreten (§ 671 BGB), wenn sie aus dem Amt ausscheiden wollen.

 

Satzungsbeispiel
Bei der Satzungsgestaltung ist daher darauf zu achten, dass die Satzung (1) überhaupt eine Übergangsklausel enthält und der Verein (2) entscheiden muss, ob die Übergangszeit befristet werden soll oder nicht.


Der Vorstand bleibt auch nach Ablauf der Amtszeit so lange im Amt, bis ein neuer gewählt ist und das Amt angenommen hat. Dies gilt auch für einzelne Vorstandsmitglieder. Die Übergangszeit ist auf [Zeitraum eintragen, z. B. sechs Monate] beschränkt und kann nicht verlängert werden.


Fundstelle: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein (OLG), Urteil v. 29.06.2022, Az.: 12 U 137/21