Müssen (Gegen-)Anträge in der Mitgliederversammlung zugelassen werden?

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Kernaussage der Entscheidung
Den Mitgliedern steht in der Mitgliederversammlung ein umfassendes Antrags- und Rederecht zu. Gegenanträge zu einem Tagesordnungspunkt auf der Mitgliederversammlung sind selbst in der Versammlung noch zulässig.
Jeder Redebeitrag oder Antrag eines Mitglieds in der Versammlung kann die Meinungsbildung der Mitgliederversammlung beeinflussen.
Nach der sogenannten Relevanztheorie führt daher die Nichtzulassung eines Antrags oder einer Wortmeldung zur Anfechtbarkeit des gefassten Beschlusses.
Im Fall des AG sollte eine Satzungsänderung im Rahmen einer virtuellen Mitgliederversammlung beschlossen werden. Der Versammlungsleiter hatte die Rednerliste geschlossen, noch bevor Wortmeldungen möglich waren. Dies war auch gar nicht möglich, da die teilnehmenden Mitglieder alle stummgeschaltet waren. Damit konnten auch keine Gegenanträge gestellt werden.
Ein Mitglied klagte daher gegen den Beschluss über die Satzungsänderung und hatte mit seiner Anfechtung Erfolg, mit der Folge, dass der Verein die Abstimmung über die Satzungsänderung wiederholen muss, da diese unwirksam war.
Die Entscheidung
Der Vorstand hatte argumentiert, dass es auf den Gegenantrag des Mitglieds nicht ankam, da eine deutliche Mehrheit der Mitglieder die Satzungsänderung beschlossen hatte. Damit sei unwahrscheinlich gewesen, dass der Gegenantrag eine Mehrheit bekommen hätte.
Nach der von der Rechtsprechung entwickelten Relevanztheorie ist davon nicht auszugehen: Ein solcher Gegenantrag kann sehr wohl die Meinungsbildung in der Mitgliederversammlung und damit das Abstimmungsergebnis beeinflussen.
Das hat zur Folge, dass die Nichtzulassung von Gegenanträgen einen Verfahrensfehler darstellt, der zur Anfechtbarkeit des Beschlusses führt.
Fundstelle: Amtsgericht Düsseldorf (AG), Urteil vom 23.03.2021, Az.: VR 3058