Autor: Stefan Wagner | 15.05.2023

Änderung der Rechtsprechung: Zusatzeinnahmen eines Sportvereins sind umsatzsteuerpflichtig

Kernaussage der Entscheidung: Sportvereine, die sich nicht nur aus Mitgliedsbeiträgen finanzieren, sondern Leistungen gegen gesonderte Vergütung erbringen, können sich nicht auf eine allgemeine, aus der Mehrwertsteuersystemrichtlinie abgeleitete Steuerfreiheit berufen.
Bild: Fotolia

Bild: Fotolia

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall geht es um die Klage eines Golfvereins, der von seinen Mitgliedern nicht nur durch allgemeine Mitgliedsbeiträge finanziert wurde, sondern der darüber hinaus eine Reihe von Leistungen gegen gesondertes Entgelt erbrachte.

Dabei handelte es sich beispielsweise um

  • die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes,
  • die leihweise Überlassung von Golfbällen für das Abschlagstraining mittels eines Ballautomaten,
  • die Durchführung von Golfturnieren und Veranstaltungen, bei denen der Verein Startgelder für die Teilnahme vereinnahmte,
  • die mietweise Überlassung von Caddys und
  • um den Verkauf eines Golfschlägers.

 

Das Finanzamt sah diese gesondert vergüteten Leistungen als steuerbar und umsatzsteuerpflichtig an.

Die dem Grunde nach mögliche Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG für den Veranstaltungsbereich (§ 67a AO) versagte das Finanzamt, da es den Golfverein nicht als gemeinnützig ansah, was es insbesondere damit begründete, dass es an einer hinreichenden Vermögenszweckbindung für den Fall der Vereinsauflösung fehlte.

Das Finanzgericht gab der hiergegen eingelegten Klage statt, da es davon ausging, dass sich der Golfverein auf eine weiter gefasste Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL berufen kann.

 

Die Entscheidung

Änderung der Rechtsprechung des BFH: Verein kann sich nicht auf die MwStSystRL berufen

Da diesbezüglich Zweifel aufgetreten waren, rief der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren den Gerichtshof der Europäischen Union an. Dieser entschied, dass eine Berufung auf die Steuerfreiheit nach der MwStSystRL nicht möglich sei (Urteil vom 10.12.2020).

Dem hat sich der Bundesfinanzhof nunmehr unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung angeschlossen und das vorinstanzliche Urteil aufgehoben.

Besonderheit des Falles: Verein war nicht gemeinnützig

Die Steuerfreiheit war auch hinsichtlich der eigentlich unter § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG fallenden Durchführung von Golfturnieren und Veranstaltungen zu verneinen, bei denen der Verein Startgelder für die Teilnahme vereinnahmt habe.

Der Gerichtshof hat ergänzend entschieden, dass die Steuerfreiheit im Sportbereich voraussetzt, dass das Vereinsvermögen im Auflösungsfall nur zweckgebunden verteilt werden könne, woran es im Streitfall fehle.

 

MERKE:

Der BFH hat abschließend darauf hingewiesen, dass die Entscheidung aber unmittelbar nur Leistungen betrifft, die ein Sportverein gegen gesonderte Vergütung erbringt („unechte Beiträge“). Die sogenannten echten Vereinsbeiträge, die alle Mitglieder nach der Satzung zu erbringen haben, fallen also nicht darunter.

 

 

Hinweis für die Vorstandsarbeit

Die u. a. Entscheidung des BFH hat ein erhebliches (aufgeregtes) Echo in den Medien und im Rahmen von diversen Stellungnahmen hervorgerufen.

Dazu folgende Hinweise:

  • Festzuhalten ist zunächst, dass der Fall einen Sportverein betrifft, der nicht als gemeinnützig anerkannt war.
  • Außer Frage steht, dass nach der aktuellen Auffassung der Finanzverwaltung die echten Mitgliedsbeiträge an einen Sportverein nach wie vor auch nach dieser neuen Rechtsprechung nicht der Umsatzsteuer unterliegen, da in diesem Fall kein Leistungsaustausch vorliegt (vgl. Abschnitt 1.4 UStAE zu § 1 UStG).
  • Die deutsche Regelung der Umsatzsteuerbefreiung in § 4 Nr. 22b UStG bei sportlichen Veranstaltungen ist enger gefasst als die Regelung in Art. 132 Abs. 1 lit. m) MwStSystRL, hat aber Vorrang vor der europäischen Regelung.

MERKE:

Nach § 4 Nr. 22b UStG sind also nur die Teilnehmergebühren bei Sportveranstaltungen von gemeinnützigen Vereinen und Verbänden von der USt befreit, nicht dagegen alle in engem Zusammenhang damit stehenden Dienstleistungen.

 

  • Nicht von der USt befreit sind alle Leistungen von Sportvereinen, die die engen Anforderungen an eine sportliche Veranstaltung i. S. d. § 44 Nr. 22b UStG nicht erfüllen (Näheres dazu in Abschnitt 4.22.2 UStAE zu § 4 Nr. 22 UStG) und nur gegen ein gesondertes Leistungsentgelt (zusätzlich zum echten Mitgliedsbeitrag) durch den Verein erbracht werden, wie zum Beispiel – Einzelunterunterricht für einen einzelnen Sportler
  • Nutzungsüberlassung von Sportanlagen und Sportgeräten
  • Beförderung von Sportlern zu den Sportstätten
  • Genehmigung von Wettkampfveranstaltungen
  • Ausstellung von Sportausweisen durch Verband.

 

Fundstelle: Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 21.04.2022, Az.: V R 48/20