Vereine als Zombies?

Bild: Mauritius
Auch für Vereine ist die wirtschaftliche Situation wichtig, schließlich ist dies in unserer Gesellschaft ein grundlegendes Kriterium der Lebensfähigkeit für Organisationen. Dennoch sind Vereine anders, ihre Ressourcenbasis ist breiter aufgestellt, sie sind als Nonprofit-Organisationen in ihrer Zielsetzung in erster Linie sach- und nicht gewinnorientiert.
Aber dennoch: Können auch in der Vereinslandschaft Zombies existieren? Ja!
Vereinsressourcen
Die Lebensfähigkeit eines Vereins beruht auf seinen Ressourcen, also den eingebrachten Grundlagen, aus denen die Vereinsleistungen erstellt werden. Vereinsleistungen können sich entweder auf die Mitglieder richten, z. B. bei Gesang- oder Sportvereinen. Oder sie richten sich an Leistungsempfänger:innen außerhalb des Vereins. So tragen viele Vereine mit sozialen Zielsetzungen zu einer lebenswerten Gesellschaft bei.
Die Vereinsressourcen sind
- die Mitglieder als eigentlicher Auslöser und als Begründung für die Existenz eines Vereins. Gleichzeitig sind sie wichtig für das Einbringen weiterer Ressourcen in Form freiwilliger und unentgeltlicher Mitarbeit und für die Finanzen durch ihre Mitgliedsbeiträge.
- die Mitarbeiter:innen eben als unbezahlte Engagierte oder als bezahlte Kräfte von Minijobs bis zu Vollzeitstellen. Ebenfalls sind hier Honorarkräfte zu sehen.
- die Finanzen in Form der Mitgliederbeiträge, Einnahmen aus Fundraising-Aktivitäten, erwirtschaftete Gelder oder Subventionen aus öffentlichen Kassen.
- die Infrastruktur als für viele Vereine wichtige im weiteren Sinne räumliche Grundlage für ihre Arbeit. Dies können sehr spezielle Vereinsanlagen sein, wie z. B. Sportanlagen. Oder einfach Räume, um sich zu einzelnen Anlässen zu treffen, etwa in Schulen oder Dorfgemeinschaftshäusern. Manche Vereine verfügen sogar über eigene Liegenschaften, andere werden z. B. von der Kommune zur Verfügung gestellt.
- das Legitimations- und Sozialkapital, einerseits in Form der Anerkennung der Vereinsarbeit als wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens im Vereinsumfeld. Dieses Legitimationskapital hängt eng mit den Bedürfnissen im Umfeld des Vereins zusammen. Sozialkapital bedeutet die persönliche Verankerung des Vereins mit relevanten Akteuren, wie Kommune oder Wirtschaft, im Umfeld des Vereins.
Zombie-Ansätze
Wie schon einführend beschrieben, steht die Einstufung als Zombie-Organisation für eine spezielle, und zwar prekäre Situation in Bezug auf die zunächst einmal wirtschaftliche Situation. Die finanzielle Ressource wird durch günstige Zinssätze und die Gewogenheit von Geldgebern gestützt. Unterstützungsleistungen aus öffentlichen Kassen können ebenfalls eine Rolle spielen. Diese Leistungen bedeuten nicht unbedingt, dass die betreffende Organisation immer noch einen gesellschaftlich wichtigen Beitrag leistet, also eine vorhandene Nachfrage angemessen bedient.
Gerade in den Corona-Zeiten der letzten beiden Jahre wurden hier wichtige Hilfen gegeben. Sie können aber auch zu einem Ruhekissen werden, das Neuausrichtungen und Klärungsprozesse verhindert. Zudem scheinen die Pandemieerfahrungen auch einen Teil der Menschen dazu gebracht haben, ihre Lebensgestaltung zu ändern. Das kann auch auf Vereinsmitgliedschaften ausstrahlen.
Zombie-Symptome bei Vereinen
Wenn die Ressourcen die Lebensgrundlagen von Vereinen beschreiben, müssen sie der Ansatzpunkt für die Zombie-Symptome sein.
Finanzen
Auch in Vereinen ein ausschlaggebender Punkt. Verzinsliches Fremdkapital ist hier eher nicht der große Problempunkt, aber es gibt andere Signale. Die Verbundenheit mancher Akteure mit dem Verein lässt die Bereitschaft wachsen, z. B. zinslose Darlehen zu geben. Dabei findet keine Prüfung der Kreditwürdigkeit statt, die Zurverfügungstellung beruht auf persönlicher Verbundenheit mit weniger Blick auf die Zukunftsfähigkeit des Vereins. Solche vielleicht auch eher inoffiziell eingespielten Gelder sind durchaus ein Warnsignal für die eigenständige wirtschaftliche Lebensfähigkeit des Vereins und stellt seine zukünftige Existenzfähigkeit infrage. Ähnlich ist die deutliche Abhängigkeit von Zuschüssen aus öffentlichen Kassen zu sehen, vor allem mit dem Risiko, dass Förderungen beendet werden können.
Die langsame Auszehrung der Mitgliederschaft, die „Ausalterung“, wie dies einmal in anderem Zusammenhang als Begriff eingebracht wurde, sind ebenfalls Hinweise zumindest auf die Zukunftsperspektive.
Wenn darüber hinaus die Mitgliederbeiträge nicht mehr für die Basisfinanzierung ausreichen, kommt wiederum ein finanzieller Aspekt ins Spiel.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Häufiger erlebt man in Vereinen, dass zum Beispiel Wahlämter nicht besetzt sind (Herr oder Frau „N. N.“). Dies kann auch auf eine fehlende Reorganisation hinweisen.
Kritischer wird es, wenn vor allem Ehrenamtliche bzw. unentgeltlich Engagierte über Gebühr belastet werden. Die Übernahme mehrerer Aufgaben kann manchmal sinnvoll sein. Es kann aber auch, vor allem, wenn es überhandnimmt, ein Zeichen für fehlendes Engagement der Mitglieder für die Vereinszielsetzung sein. Der Ersatz durch bezahlte Mitarbeiter:innen ist in vielen Fällen nicht darstellbar, da es den Verein wirtschaftlich überfordern würde.
Infrastruktur
Insbesondere die vereinseigene Immobilie beziehungsweise Liegenschaft ist ein Gefahrpunkt. Wenn diese nicht mehr in sinnvollem Umfang genutzt werden kann, besteht die Gefahr, dass sie zum Klotz am Bein des Vereins wird.
Sie muss finanziert und gepflegt werden, auch wenn vielleicht kein wirklicher Bedarf mehr besteht. Gerade aus traditionellen Gründen gibt es immer wieder Hemmungen, einen Vereinsstandort aufzugeben.
Fazit
Sollten bei selbstkritischer Analyse Hinweise auf Zombie-Symptome für den Verein erkennbar sein, ist eine kritische Analyse angebracht. Antworten können sein: Neuaufstellung/Reorganisation des Vereins, Kooperation mit anderen Vereinen bis hin zur Fusion oder Auflösung des Vereins.