Kein Unfallversicherungsschutz bei Baumfällarbeiten durch Mitglieder eines Sportvereins (Problem Arbeitsstunden)

Bild: MEV Verlag
Was war geschehen?
Geklagt hatte ein 60-jähriger Segelflieger. Mit anderen Vereinsmitgliedern wollte er im Rahmen der Winterarbeit auf dem Vereinsgelände einen Baum fällen, der in die Landebahn des Flugplatzes hineingewachsen war. Dabei wurde er von einem schweren Ast getroffen und erlitt ein Polytrauma. Der Mann vertrat die Auffassung, dass er als sog. „Wie-Beschäftigter“ versichert sei, da die Arbeiten sehr gefährlich gewesen seien und eine besondere Fachkunde erfordert hätten.
Begründung
Das LSG kam zu dem Ergebnis, dass die Mitgliedschaft in einem Verein die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht ausschließt und damit auch nicht eine versicherte Tätigkeit wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 i. V. m. Abs. 1 Nummer 1 SGB VII (Gesetzliche Unfallversicherung). Der Versicherungsschutz entfällt jedoch, wenn der Unfall aufgrund der verrichteten Tätigkeit auf Mitgliedspflichten nach der Vereinssatzung beruht, was im vorliegenden Fall gegeben war.
Die Arbeiten seien nicht über die normalen Pflichten als Vereinsmitglied hinausgegangen. Denn nach der Vereinssatzung hätten die Mitglieder 60 Arbeitsstunden pro Jahr u. a. in Form von Platz- und Wegearbeiten auszuführen, wozu ausdrücklich auch der Rückschnitt von Büschen sowie das Fällen und Zersägen von Bäumen gehören würden. Solche Arbeiten würden auch von mehreren Mitgliedern erledigt.
Eine andere rechtliche Beurteilung könnte sich nur ergeben, wenn Sonderaufgaben ausgeführt würden, die über die geregelten Arbeiten aus der Vereinssatzung hinausgingen.
Hinweis zur Satzungsgestaltung
Wenn die Erfüllung von Arbeits- oder Baustunden Teil der Satzung und damit eine Beitragspflicht der Vereinsmitglieder ist und damit alle Vereinsmitglieder zur Erbringung dieser Tätigkeiten verpflichtet sind, hat dies zur Folge, dass die Mitglieder hier in diesem Fall ihre Mitgliederpflichten gegenüber dem Verein erbringen und nicht als Arbeitnehmer des Vereins tätig werden.
Kommt es bei der Erbringung solcher Arbeitsstunden zu einem Unfall, bei dem das Mitglied verletzt wird, handelt es sich nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern um einen reinen „Freizeitunfall“.
Dies kann im Einzelfall – vor allem bei schweren Verletzungen – erhebliche Folgen für das Mitglied und den damit verbundenen Versicherungsschutz haben. Sollten daher Arbeitsstunden Gegenstand der Beitragspflichten der Mitglieder im Verein sein, muss dieser Umstand berücksichtigt werden.
Leitsatz Wer das Gelände seines Sportvereins instand hält, ist nur unter besonderen Umständen wie ein Arbeitnehmer versichert. |
Fundstelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 28.08.2019, Az.: L 6 U 78/18