Autor: Prof. Gerhard Geckle | 05.06.2020

Neue Corona-Hilfe-Vorgaben auch für Vereine/Verbände!

Der Koalitionsausschuss hat in seiner Sitzung vom 03.06.2020 gleich 56 Einzelmaßnahmen festgelegt und dazu ein umfangreiches Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket beschlossen.
Bild: Getty Images, Inc.

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Zwar bedürfen die diversen darin enthaltenen Gesetzesänderungen noch der Zustimmung von Bundestag/Bundesrat - man wird aber davon ausgehen können, dass folgende wichtige Änderungen kommen.

Aus den zahlreichen Fördermaßnahmen wurde versucht, mit einem gewissen „Vereinsbezug“ für die Geschäftsführung bei den gemeinnützigen Organisationen, dies auch rechtsformunabhängig, nachfolgend kurz darzustellen.

 

 

1. Hierzu zunächst die Übersicht zu den anstehenden wichtigen Umsatzsteueränderungen mit einem eingeplanten Finanzbedarf von immerhin ca. 20 Mrd. Euro:

 

  • Einen großen Schritt in punkto Steuerentlastung wird es bereits ab 1. Juli 2020 geben: denn mit einer Umsatzsteuersatz-Senkung kommen ab Jahresmitte, dies befristet bis 31.12.2020, neue Steuersätze.
  • Es kommt im Wesentlichen nur darauf an, wann die Leistungen/auch Teilleistungen erbracht werden. Entsprechend § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG ist also weder der mögliche Tag der Rechnungsstellung relevant noch der Zahlungstag. Da kommt einiges an Handlungsbedarf auf unsere gemeinnützigen Organisationen zu, soweit diese Leistungen gegenüber Mitgliedern, Nichtmitgliedern, Dritten abrechnen. Gesenkt wird zunächst in diesem Zeitraum der bisherige volle Mehrwertsteuersatz von 19 % auf 16 %, auch der ermäßigte Steuersatz von bisher 7 % wird dann auf 5 % herabgesetzt.
  • Vielfach werden diese wichtigen Änderungen auf der Seite des Leistungserbringers schon eine Kosteneinsparung erbringen, da man ja weniger Umsatzsteuer dann an das Finanzamt abführen muss. Also gibt es eine gewisse größere Renditespanne, wenn man gleichbleibende Preise auch nach dem 01.07.2020 unterstellt. Meist erfolgt die USt-Reduzierung automatisch, wenn Vereine/Verbände mit PC-Einsatz dann abrechnen. Sicher werden eingesetzte Kassensysteme gerade bei elektronischer Kassenführung angepasst. Zu prüfen ist, ob je nach Softwareeinsatz nun neue Umsatzsteuerkonten mit entsprechender Automatik noch eingepflegt werden müssen.
  • Denn erst später bei der Erstellung der USt-Voranmeldungen kommt die Steuerermäßigung zum Tragen, dies läuft automatisch, auch gerade dann, wenn beauftragte Steuerbüros die Verbuchung vornehmen.
  • Sicherlich gibt es auch im Sektor Vereinsgaststätte/Bewirtungen, Clubheim oder bei eigenen Tagungsstätten einen Handlungsbedarf. Gibt es Speisekarten, muss intern entschieden werden, ob Preise, auch bei Barkassenführung, wie bisher bleiben, ob man das Angebot preislich etwas reduziert. Zumal ja, wie bekannt, die bereits geltende USt-Gesetzesänderung für die ab 01.07.2020 und vor dem 01.07.2021 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen bereits abgesenkt waren auf 7 %, jetzt somit sogar auf 5 %! Dies betrifft - zur Klarstellung - jedoch nicht die Abgabe/den Verkauf von Getränken jeglicher Art, mit bisher 19 % vor Juli 2020, nun 16 % ab Jahresmitte bis zunächst Ende 2020. Interessant ist das sicher auch für Vereine, wenn im Sommer/Herbst Eis verkauft wird, die Abgabe und der Verkauf u.a. an Kinder dann mit nur noch 5 % Umsatzsteuer. Soweit Verpachtungen vorliegen, sollte man den Pächter hierauf schon aufmerksam machen.
  • Je nach eigenen Vereinsaktivitäten sollte man bei jeglichen Verträgen/Vereinbarungen bis hin zu Sponsor- oder Marketingverträgen die Wirkung der kommenden USt-Reduzierung mitverfolgen. Gerade wenn im Vertrag ein genauer Steuersatz für bestimmte Leistungen dort genannt und ausgewiesen ist oder auch ein genauer Steuerbetrag, sollte dies geändert und angepasst werden. Bei langfristigen Verträgen und Vereinbarungen kann ggf. hierfür sogar ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 29 UStG hinzukommen.
  • Soweit Gutscheine ausgegeben werden, ist bei sog. Einzweckgutscheinen der USt-Satz zum Zeitpunkt der Gutscheinausgabe maßgebend. Bei den sog. Mehrzweckgutscheinen ist hingegen entscheidend, wann die Leistung ausgeführt wird, für die der Gutschein dann zur Einlösung kommt.
  • Auswirkungen hat dies dann oft auch bei Beherbergungen/Übernachtungen/Hoteldienstleistungen mit Vereinen/Verbänden oder anderen Rechtsträgern als Anbieter, unabhängig vom Gemeinnützigkeitsstatus.
  • Auch künftig an eigene Preislisten, Prospekte, Faltblätter, Flyer mit Angeboten etc. denken, soweit dort Preise und Leistungen konkret ausgewiesen sind.
  • Das Stichwort Neukalkulation von Leistungen, etwa für angebotene und zu bezahlende Kurse, Fortbildungsmaßnahmen etc., könnte bald in einer Vorstandssitzung als TOP kommen. Wobei stets vorab wie bisher geprüft werden sollte, ob bei einzelnen Leistungen es sich ohnehin entsprechend § 4 UStG um eine von der umsatzsteuerbefreiten Leistung handelt oder nicht.
  • Bei Angeboten und Aktivitäten gerade von mildtätigen oder auch kirchlichen Organisationen kommt sehr häufig der ermäßigte Umsatzsteuersatz zur Anwendung, was theoretisch dann für das 2. Halbjahr 2020 zu einer verbesserten Eigenkalkulation führen kann.
  • Handlungsbedarf aber auch für Verbände, meist vor allem Sportverbände, soweit Leistungen mit USt-Konsequenzen gegenüber den angeschlossenen Vereinen erbracht werden, selbst auch nur für bestimmte Vorgänge/Dienstleistungen.

 

2. Weitere Details zum Konjunkturpaket:

Hinzu kommen unzählige Einzelfördermaßnahmen bereits über dieses neue Konjunkturpaket.

Wobei man wegen der Beteiligung der Bundesländer sicherlich damit rechnen darf, dass alsbald konkrete Umsetzungen erfolgen. Gefordert sind dann sicherlich dort gerade die einzelnen Verbände und Großorganisationen und Interessenvereinigungen, um bei der Verteilung von Landesmitteln mitwirken zu können.

  • Zur Stabilisierung der gemeinnützigen Organisationen gibt es dazu über die KfW ein Sonderkreditprogramm (0,9 Mrd. Euro), um damit dann insbesondere die Sozialunternehmen, Jugendherbergen, Einrichtungen der Jugendhilfe, Familienferienstätten, Schullandheime und andere gemeinnützige Kinder- und Jugendunterkünfte spürbar finanziell zu unterstützen.
  • Neue Überbrückungshilfen mit einem Volumen von 25 Mrd. Euro: Hier will man die Existenzsicherung von kleinen und mittelständischen Unternehmen fördern im Zeitraum Juni - August 2020. Neben Gaststätten und Hotelbetrieben könnten auch von Sozialunternehmen geführte Übernachtungsstätten, wie z.B. Jugendherbergen, Träger von Jugendeinrichtungen des internationalen Jugendaustauschs, Einrichtungen der Behindertenhilfe, bis hin zu Profisportvereinen der unteren Ligen darunterfallen.
  • Auch Unternehmen der Messeveranstaltung/Veranstaltungslogistik könnten in den Förderrahmen fallen.
  • Wichtig: Die Antragsfrist hierfür endet am 31.08.2020, die Auszahlungsfrist am 30.11.2020.
  • Für den sensiblen Bereich der Kunst und Kultur kommt zudem auch zur Wiederaufnahme der Häuser und der Programme ein Hilfepaket zur Milderung der Auswirkungen der Corona-Pandemie im Kulturbereich (mit 1 Mrd. Euro). Gerade vorrangig zur Erhaltung und Stärkung der Kulturinfrastruktur, für Nothilfen und zur Unterstützung eines Mehrbedarfs von vorhandenen Einrichtungen und laufenden Projekten.

 

Daher für die Geschäftsführung im Verein/Verband: Schnelle Kontaktaufnahme zum angeschlossenen, übergeordneten Verband oder ggf. direkt zum Landesministerium zur Abklärung, was wann und wie förderungswürdig ist.

Wobei es wegen der vorrangigen Zielrichtung für unternehmerische Aktivitäten insbesondere um die dazu nachzuweisenden coronabedingten Umsatzrückgänge gehen wird und um Erstattungsbeträge für fixe anfallende Betriebskosten u.a.

 

  • Hinweis am Rande: begünstigt ist nun auch für Vereine/Verbände ein neues Fahrzeugförderprogramm, insbesondere für Neuanschaffungen im Bereich der Elektronutzfahrzeuge u.a.
  • Einen weiteren steuerlichen Anreiz kann es auch geben durch die Nutzung der degressiven Abschreibung für Abnutzung (AfA) mit dem neuen Faktor 2.5 gegenüber der derzeit geltenden AfA für maximal 25 % pro Jahr für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in den Steuerjahren 2020-2021 (Vorzieheffekt mit 6 Mrd. Euro). Also dies bei Eigenkalkulationen bei laufenden oder neuen Investitionen gleich mitberücksichtigen!

Quelle: „Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunft stärken“, Ergebnis des Koalitionsausschusses vom 3. Juni 2020

 

Zudem sollte man als gemeinnütziger Verein auch die bereits laufende vorherige strukturelle Förderung und Liquiditätshilfen durch Mittel aus den Solidarpaketen der einzelnen Länder bereits meist vom Mai 2020 für 2020 unbedingt mit einbeziehen, um damit auch anlaufende Angebote und Nutzungsmöglichkeiten in den Vereinen vor Ort, z.B. auch zur Stärkung des Breitensports, auffangen zu können. Auch hierfür sind meist bei Verbandsanschluss diese Verbände oft der richtige erste Ansprechpartner!

 

Zu den Einzelmaßnahmen und insbesondere mit praxisrelevanten Hinweisen zur Umsetzung für die Vereinspraxis wird in Ihrem Ratgeber „Der Verein“ fortlaufend und aktuell weiter berichtet und informiert!