Autor: Stefan Wagner | 14.08.2024

Wann darf ein Verein außerordentliche Beiträge erheben?

§ 58 Nr. 2 BGB regelt im Vereinsrecht zum Beitragswesen, dass die Satzung zwingend regeln muss, ob a) überhaupt Beiträge erhoben werden und b) welche das im Einzelnen sind.
Bild: Mauritius Images

Bild: Mauritius Images

Um was geht es in diesem Fall?
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH gehört es jedoch nicht zu den wesentlichen Grundentscheidungen des Vereinslebens, in welcher Höhe diese Beiträge erhoben werden, sodass dies nicht in der Satzung geregelt werden muss, sondern z. B. einer Beitragsordnung vorbehalten sein kann. Diese hinlänglich bekannte Rechtsprechung gilt jedoch nur für die sogenannten ordentlichen Beiträge, die im täglichen Vereinsleben anfallen.

Diese Grundsätze gelten aber nicht für die sogenannten außerordentlichen Beiträge, wie z. B. Umlagen. Zu diesem Thema hatte sich auch erst jüngst das OLG München geäußert (Beschluss v. 28.06.2022, Az.: 34 Wx 153/22).

Im vorliegenden Fall des OLG lag das Problem nicht in der ordnungsgemäßen Regelung der Höhe der Sonderbeiträge, sondern es ging vielmehr um die inhaltlichen und rechtlichen Voraussetzungen, wann überhaupt außerordentliche Beiträge – neben den Regelbeiträgen – erhoben werden dürfen.

 

Kernaussage der Entscheidung

  • Außerordentliche Beiträge können nur erhoben werden, wenn der Verein auch einen außerordentlichen Finanzbedarf darlegen kann.
  • Ein außerordentlicher Finanzbedarf muss im Einzelfall beurteilt werden und bezieht sich auf die gesamte Vereinstätigkeit.
  • Dieser Finanzbedarf muss mit einer außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit liegenden Ursache im Zusammenhang stehen.

 

Sachverhalt
Ein Verband konnte nach seiner Satzung von seinen Mitgliedern Umlagen zur Deckung außergewöhnlicher Aufwände erheben. Die Satzung regelte auch die Obergrenze für solche Umlagen.
Die Mitgliederversammlung beschloss auf dieser Grundlage eine einmalige Umlage mit folgender Begründung: Ausgleich von Verlusten des Vorjahres, Rücklagenbildung für künftige Forderungen, um Grundstücke kaufen und eine Grundstückserschließung vorfinanzieren zu können.
Ein Mitgliedsverein lehnt die Zahlung der Umlage ab und der Verband klagte daraufhin gegen den Verein auf Zahlung der beschlossenen Umlage. Das OLG lehnte in zweiter Instanz die Klage ab, da die Voraussetzungen für einen außerordentlichen Finanzbedarf nicht gegeben gewesen seien.

 

Die Entscheidung
Wann kann eine Umlage erhoben werden?

Zunächst definierte das OLG die Voraussetzungen für die wirksame Erhebung einer Umlage. Danach handelt es sich um eine besondere Form eines Vereinsbeitrags. Dieser soll die Möglichkeit bieten, zusätzliche finanzielle Mittel für den Verein zu beschaffen. Voraussetzung ist eine entsprechende Satzungsgrundlage, die auch die Obergrenze der Höhe der Umlage zwingend regeln muss. Ferner ist Voraussetzung, dass eine Umlage nur erhoben werden kann, wenn ein außerordentlicher Finanzbedarf vorliegt und vom Verein dargelegt ist.
Dieser Finanzbedarf muss jedoch durch die regelmäßigen Beiträge nicht gedeckt werden können und darf nicht regelmäßig anfallen.

 

Was ist ein außerordentlicher Finanzbedarf?
Im zweiten Schritt beschäftigte sich das OLG mit der Frage, wann ein außerordentlicher Finanzbedarf vorliegt. Danach handelt es sich um Aufwendungen, die außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Vereins liegen. Das bezieht sich auf die Geschäftstätigkeit des Vereins insgesamt und muss im Einzelfall beurteilt werden. Wesensmerkmale eines außerordentlichen Finanzbedarfs sind:

  • Die Aufwendungen treten selten bzw. unregelmäßig auf.
  • Sie sind von ungewöhnlicher Art und Höhe.
  • Sie sind für den Verein materiell bedeutsam und wesentlich.
  • Das Ereignis muss untypisch oder auch seltsam sein.

Die oben dargestellte Begründung des Vereins für die Umlage hielt das OLG im Einzelnen für nicht stichhaltig bzw. für nicht ausreichend begründet und dargelegt. Das Gericht kam damit zu dem Ergebnis, dass der Beschluss über die Erhebung der Umlage inhaltlich nicht tragfähig und damit nicht wirksam war.
Im Ergebnis bedeutet dies für den Verband, dass er die Umlage von seinen Mitgliedern mit dieser Begründung jedenfalls nicht erheben kann, und damit wurde die Klage des Verbandes gegen den Verein abgewiesen.

 

MERKE
Ferner ist in solchen Fällen darauf zu achten, dass die Mitglieder, die die Umlage bereits bezahlt haben, nach §§ 812 ff. BGB einen Rückerstattungsanspruch gegen den Verband haben.

 

Hinweis für die Vorstandsarbeit
Viele Vereine regeln neben den Regelbeiträgen auch sogenannte außerordentliche Beiträge, wie z. B. Umlagen. Der Bundesgerichtshof hat bereits in seinem Grundsatzurteil aus dem Jahr 2007 entschieden, dass zum Schutz der Mitglieder in diesem Ausnahmefall die Satzung die betragsmäßige Obergrenze der Umlage regeln muss.

Wie das OLG in seiner o. a. Entscheidung exemplarisch darlegt, reicht dies jedoch nicht aus, um einen wirksamen Beschluss für eine Umlageerhebung zu fassen.

Erforderlich ist vielmehr, dass der Verein konkret darlegen muss, woraus sich der außerordentliche Finanzbedarf des Vereins im konkreten Fall ergibt. Dies zu begründen, ist eine Frage des Einzelfalls und sollte sich an konkreten Daten und Fakten orientieren, die den Mitgliedern eine rechtssichere Entscheidung ermöglichen.

 

Fundstelle: Oberlandesgericht Brandenburg (OLG), Urteil v. 28.06.2022, Az.: 3 U 88/21