Autor: Prof. Gerhard Geckle | 23.02.2023

Neue BGB-Vorgaben für Vereins-Mitgliederversammlungen!

Mit einem erstaunlich eindeutigen Votum hat der Bundestag am 9. Februar 2023 einen Beschluss zur Änderung des geltenden Vereinsrechts gefasst. Auf Empfehlung des Rechtsausschusses im Bundestag gibt es künftig eine Neufassung zu § 32 Abs. 2 BGB. Der Bundesrat wird am 3. März darüber noch abstimmen, mit einer Veröffentlichung des Gesetzes und Inkrafttreten der Neuregelung ist dann im März 2023 zu rechnen.
Bild: Corbis

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Dies mit der Festlegung, dass sowohl die Vereins-Mitgliederversammlungen als auch die Versammlungen und Sitzungen im Verein nicht mehr unbedingt mit Präsenz-(Pflicht) stattfinden müssen. 

Hierbei geht es um den Einsatz elektronischer Medien zur Durchführung von Versammlungen und Beschlussfassungen darüber. Also den oft notwendigen Weg aufseiten der Vereinsführung, statt Anwesenheit der einzelnen Mitglieder vor Ort nun alternativ die digitalen Medien zu nutzen. Damit Versammlungen und auch erforderliche Beschlüsse hierfür wie üblich hybrid oder virtuell zu fassen.

 

Jeder Verein erinnert sich an die recht harte Pandemie-Situation im Zeitraum 2021 bis Herbst 2022 ungefähr: Es konnten kaum Jahres-Mitgliederversammlungen durchgeführt werden wegen des Gesundheitsrisikos, aber oft auch durch die dadurch spürbare fehlende Bereitschaft zum Erscheinen und zur Teilnahme bei Präsenzsitzungen. Selbst auch auf Vorstandsebene musste damals sogar der Gesetzgeber spontan reagieren. Über eine befristete COVID-19-Pandemie-Sonderregelung wurde es für den Verein und auch den Stiftungsbereich zugelassen, Sitzungen und auch Beschlüsse auf digitalem Wege herbeizuführen. Obwohl im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) dies seit jeher nur als sogenannte Präsenzveranstaltung vorgesehen und gesetzlich geregelt war. Eine Ausnahme gab es nur für Vereine und auch Verbände in der Rechtsform eines e. V., wenn diese rechtzeitig mit den entsprechenden erreichten Satzungsmehrheiten der stimmberechtigten Mitglieder/Delegierten zubilligten, dass man alternativ auch digitale Veranstaltungen abhalten konnte.

Aber nicht alle Vereine erkannten dieses Problem so richtig. Nun ergab sich wieder eine etwas ungelöste Situation dadurch im Vereinsrecht, dass diese Sonderregelung vor dem 30. August 2022 letztmals genutzt werden konnte. Seit dem 01.09.2022 fehlte es bei fehlender Satzungsregelung an einer Ermächtigung.

 

Nunmehr reagierte der Gesetzgeber und wird mit einer Neufassung von § 32 Abs. 2 BGB vorgeben, dass Vereinsmitglieder auch ohne Satzungsermächtigung künftig berechtigt sind, ohne Erscheinen, also ohne persönliche Anwesenheit am Versammlungsort, im Wege der Nutzung elektronischer Medien, also zur Bild- und Tonübertragung, an Versammlungen doch noch teilnehmen zu können und dort ihre Mitgliederrechte wie üblich bisher uneingeschränkt ausüben zu können. Egal also, ob es um Videoübertragungen geht, Chats bis hin zu Telefonkonferenzen oder sogar Versammlungsdurchführung per E-Mail: Mitglieder können nun auch mit Rückendeckung des BGB im Wege elektronischer Kommunikation an Versammlungen oder Vereinssitzungen teilnehmen.

Durch einen Verweis (§ 86 BGB) gilt dies auch für Vorstands- oder Präsidiumssitzungen.

 

Dies setzt nun einen baldigen Klärungsbedarf auf der Vereins- oder Verbandsführungsebene voraus.

 


Vereinstipps:

 

(1) Gibt es schon in der vorhandenen, derzeit gültigen Vereinssatzung eine Ermächtigung zur Nutzung visueller Kommunikation, dann besteht keinerlei Handlungsbedarf derzeit, wenn diese Satzungsänderung/Ergänzung auch im Vereinsregister schon (auch früher) eingetragen wurde. Dann entscheidet dieses zuständige Organ, im Regelfall der Vorstand, ob nun digital oder wie bisher mit Präsenzpflicht die eigenen Vereinsmitglieder oder Delegierten im Verbandsbereich eingeladen werden vor Ort, um dann die Mitgliedschaftsrechte ausüben zu können.

 

(2) Ist keine Satzungsregelung vorhanden, nichts zum virtuellen Weg in der Satzung eingetragen, dann greift etwa ab Mitte März 2023 die neue gesetzliche Regelung nach § 32 Abs. 2 BGB. Dann sollte unbedingt in der nächsten anstehenden Mitgliederversammlung der einmalige Beschluss gefasst werden, dass virtuelle Versammlungen künftig ohne Präsenzpflicht als Alternative durchgeführt werden können. Mit der Möglichkeit, auch auf elektronischem Wege Beschlüsse fassen zu können. Dieser einmalige Beschluss in Anlehnung an die gesetzliche Neuregelung gilt bis auf Weiteres für die Vereinszukunft. Könnte also stets genutzt werden, wenn dies erforderlich werden sollte, als Alternative zur Präsenzteilnahme an Versammlungen. Ob hybrid, also dass Mitglieder sich am Versammlungsort einfinden oder digital sich zuschalten können. Die Vereinssatzung muss also nicht geändert werden, was eigentlich Zeit und den Verein Kosten einspart. Allerdings entscheidet bis auf anderweitige Festlegungen die Mitgliederversammlung dann darüber, ob nun digital eingeladen werden soll. Also dies über die anstehende Jahresmitgliederversammlung schon einmal vorsehen und bei der Präsenzeinladung mitberücksichtigten. Dann unbedingt den Beschluss hierzu protokollieren lassen und bei den Satzungsunterlagen aufbewahren.

 

(3) Vereins- und Verbandsführungen sollten für sich prüfen, ob man das Mitgliedervotum diesbezüglich nutzen will oder wie bisher den Vorstand ermächtigen will. Dann sollte weiterhin durch Beschlussfassung mit den Mitgliedern in der nächsten Präsenz-Mitgliederversammlung doch noch eine kleine Satzungsänderung per Abstimmung herbeigeführt werden. Mit dem Aufwand, dies auch beim Vereinsregister formgerecht anzumelden.

 

(4) Auch mit Blick auf die eben nicht mehr wegzudenkenden digitalen Kommunikationswege diese Chance zeitnah nutzen, um auch bei jeglichen Störungen später so im Vereinsinteresse umgehend reagieren zu können.

 

Quelle: Bundestagsdrucksache 20/5585, Beschlussfassung zum Entwurf eines Gesetzes zur Ermöglichung digitaler Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht vom 09.02.2023.

 

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung von 03.03.2023 der Gesetzesänderung zugestimmt. Einen Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt kommt das Inkrafttreten, damit noch im März 2023.

 

Die Veröffentlichung der Gesetzesänderung im Bundesgesetzblatt ist im BGBl I 2023 Nr. 72 vom 20.03.203 vorgesehen, sodass dieser neue § 32 BGB am 21.03.2023 bereits in Kraft treten kann.

 

Tipp:

In der Aktualisierung von Lexware der verein wissen, Ausgabe April 2023, erscheint ein Praxisbeitrag mit Empfehlungen für den Einstieg zur künftigen Nutzung auch elektronischer Medien für Mitgliederversammlungen und Vorstandssitzungen.