Kann verweigerte Aufnahme in eine Vereinsgruppe wegen des Geschlechts diskriminierend sein (Memminger Stadtbachfischer)?

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Um was geht es in diesem Fall?
Bei dem beklagten Verein handelt es sich um einen gemeinnützigen Traditionsverein, dessen Zweck insbesondere die Durchführung des alljährlich stattfindenden Fischertages ist.
Die Klägerin des Verfahrens war seit vielen Jahren Mitglied im Verein. Innerhalb des Vereins existieren verschiedene Gruppierungen. Die Satzung des Vereins regelt, dass Frauen von der Teilnahme in der Untergruppe der Stadtbachfischer nicht zugelassen sind, sodass Frauen seit der Gründung des Vereins nie am Fischertag teilnehmen konnten.
Die Klägerin wollte seit vielen Jahren ihre Teilnahme am Fischertag erreichen und klagte gegen den Verein auf Zulassung zur Teilnahme am Fischertag.
Wie ist die Rechtslage?
Das LG gab der Klage in der 2. Instanz statt. Zur Begründung stellte das LG für den Anspruch der Klägerin auf Aufnahme in die Untergruppe des Vereins auf § 280 Abs. 1 BGB ab, da die bisherige Ablehnung des Vereins einen Verstoß gegen den vereinsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz darstellt.
Nach der Rechtsprechung gilt innerhalb eines Vereins unstreitig der Gleichbehandlungsgrundsatz als allgemeiner Grundsatz des Vereinsrechts und als Ausfluss des Gedankens des allgemeinen Willkürverbots.
Eine unterschiedliche Behandlung von Mitgliedern erfordert zwar keinen wichtigen Grund. Für eine Ungleichbehandlung der Vereinsmitglieder muss allerdings ein sachlicher Grund vorliegen. Der Verein berief sich im Wesentlichen auf die historische Tradition des Vereins. Weder das Amtsgericht noch das Landgericht sahen darin einen ausreichenden sachlichen Grund, zwischen männlichen und weiblichen Vereinsmitgliedern zu differenzieren.
Hinweis für die Vorstandsarbeit
Der bislang schon immer geltende Grundsatz der Gleichbehandlung der Mitglieder als auch das allgemeine Benachteiligungs- und Diskriminierungsverbot nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) spielen in der Vereins- und Verbandsarbeit zunehmend eine zentrale Rolle und sollten beachtet werden.
Dies gilt insbesondere bei der Gestaltung von Satzungen und betrifft vor allem Vereine, die sich bisher nur einem eingeschränkten Kreis an Mitgliedern geöffnet haben (z.B. Verein nimmt nur Männer als Mitglieder auf). Hier spielt zunehmend auch das Prinzip der Förderung der Allgemeinheit bei gemeinnützigen Vereinen eine große Rolle.
Zu beachten ist dabei, dass Regelungen in Vereinen, die gegen das allgemeine Benachteiligungsverbot verstoßen, unwirksam sind (§ 7 AGG).
Ziel des AGG ist es nach § 1, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
Diese Grundsätze gelten nach § 18 AGG auch bei der Mitgliedschaft in Vereinen und Verbänden. Dies gilt insbesondere für Vereine, die eine überragende Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich innehaben und wenn ein grundlegendes Interesse am Erwerb der Mitgliedschaft in einem Verein besteht.
Wenn die Ablehnung der Mitgliedschaft im Verein oder in einer bereits bestehenden Untergruppe einen Verstoß gegen das allgemeine Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG darstellt, besteht ein rechtlicher Anspruch auf Mitgliedschaft oder Mitwirkung im Verein.
Nach neuerer Auffassung wird damit der klassische vereinsrechtliche Aufnahmeanspruch zum Diskriminierungsverbot.
Diese Rechtsauffassung gilt es daher in der Praxis sowohl bei der Frage der Aufnahme von Mitgliedern in den Verein als auch bei der Behandlung der Mitglieder innerhalb des Vereins zu beachten.
Gegebenenfalls müssen Vereinssatzungen dahingehend geprüft werden, ob dort diskriminierende Regelungen enthalten sind.
Fundstelle: Landgericht (LG) Memmingen, Urteil vom 28.07.2021, Az.: 13 S 1372/20