Autor: Stefan Wagner | 14.12.2021

Geschäftsführer: Wann spricht man von einem „besonderen Vertreter“?

Kernaussage der Entscheidung: Ein Vereinsgeschäftsführer, der nach der Satzung zur Vertretung des Vereins befugt ist, fällt nicht unter die Arbeitsgerichtsbarkeit, da es sich insoweit arbeitsrechtlich nicht um einen einen Arbeitnehmer des Vereins handelt.
Bild: Mauritius

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Wie ist die Rechtslage?

Nach § 30 Abs. 1 BGB kann durch die Satzung bestimmt werden, dass neben dem Vorstand nach § 26 BGB für gewisse Geschäfte besondere Vertreter zu bestellen sind. Die besonderen Vertreter sind – wie der Vorstand nach § 26 BGB – dann satzungsmäßige Organe des Vereins.

In der Praxis ist jedoch festzustellen, dass gerade bei den Geschäftsführern im Verein häufig keine klaren Regelungen darüber enthalten sind, welche rechtliche Stellung der Geschäftsführer im Verein hat.

Häufig agieren Geschäftsführer im Verein ohne jegliche Erwähnung in der Satzung. In diesen Fällen kommt es dann häufig zum Streit, ob der GF des Vereins Arbeitnehmer des Vereins ist oder nicht. Denn diese Frage hat erhebliche rechtliche Auswirkungen bei der Besteuerung, in der Sozialversicherung, hinsichtlich der Wahrnehmung der Arbeitnehmerschutzrechte (z.B. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall) und bei der Frage der Gerichtsbarkeit.

§ 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG stellt dabei auf die formale Vertreterstellung des Mitarbeiters aufgrund Gesetzes oder der Satzung ab. Danach sind solche Personen dann kein Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, für die keine rechtliche Grundlage für eine Vertreterstellung erkennbar ist. Auf den Umfang der Vertretungsmacht kommt es dabei nicht an.

Das bedeutet aber auch, dass diese Regelungen nicht auf Personen anzuwenden sind, denen nur rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilt worden ist, auch dann, wenn diese Vollmacht sehr weitreichend ist.

Daraus folgt, dass besondere Vertreter eines Vereins im Sinne des § 30 BGB nur dann nicht als Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 3 S. 3 BGB gelten, wenn die Satzung die Bestellung ausdrücklich und unzweideutig gestattet, da es sich bei dieser vereinsrechtlichen Vorschrift um einen besonderen gesetzlichen Vertretungstatbestand handelt.

 

Hinweise für die Vorstandsarbeit

Im vorliegenden Fall war der klagende Geschäftsführer des Vereins in keiner einzigen Regelung der Satzung des Vereins als „besonderer Vertreter“ oder als eine zur Vertretung berechtigte Person erwähnt. Dieses Defizit bei der rechtlichen Gestaltung ist in der Praxis leider sehr häufig anzutreffen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass das Vorliegen der Stellung als besonderer Vertreter nach § 30 BGB nicht zwingend voraussetzt, dass in der Satzung selbst der Geschäftsführer als besonderer Vertreter bezeichnet werden muss.

Wenn in der Satzung die Formulierung verwendet wird, dass sich der Vorstand des Vereins zur Erledigung der Aufgaben und laufenden Geschäfte eines Geschäftsführers „bedient“, ist daraus zu entnehmen, dass Aufgabe der Geschäftsführung lediglich die Abwicklung des laufenden Geschäftsbetriebs, nicht jedoch die Vertretung des Vereins im Außenverhältnis ist.

Es muss also klar unterschieden werden zwischen der internen Geschäftsführungsbefugnis und der rechtsgeschäftlichen Vertretung im Außenverhältnis.

Auf eine möglicherweise bestehende Geschäftsordnung kommt es in solchen Fällen nicht an, da diese regelmäßig kein Satzungsbestandteil ist.

Bei der Bewertung der Vertreterstellung eines Geschäftsführers kommt es also allein auf die Satzungsregelungen an. Die zwischen der Geschäftsführung und dem Vorstand erlassene Geschäftsordnung kann demnach keine satzungsmäßige Grundlage für die Vertretungsmacht des Geschäftsführers sein. 

 

MERKE:

Wenn der Geschäftsführer eines e. V. nicht nur Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis, sondern auch Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis haben soll, ist zwingend eine Satzungsgrundlage erforderlich. Regelungen in einer Geschäftsordnung sind dafür nicht ausreichend.

 

Fundstelle: Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm, Beschluss v. 07.05.2020, Az.: 2 Ta 457/19