Autor: Prof. Gerhard Geckle | 16.02.2021

Richtige Rücklagenbildung bei gemeinnützigen Vereinen!

§ 55 AO enthält eine grundsätzlich nicht einfache Steuer-Regelung für gemeinnützige Körperschaften, und damit auch für unsere vielen Vereine/Verbände.
Bild: Adobe Stock, Inc.

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Bisher galt der gesetzlich festgelegte Grundsatz, dass steuerbegünstigte Körperschaften ihre vorhandenen Mittel spätestens bis Ende des folgenden 2. Kalenderjahrs (oder auch Wirtschaftsjahrs) für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke ausgeben müssen. Es wäre daher gemeinnützigkeitsrechtlich unzulässig, dauerhaft vorhandene Kapitalreserven/angesammeltes Vermögen im Verein/Verband einfach zu lassen. Dieser Grundsatz des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung innerhalb von zwei Jahren wird auch von den Finanzämtern nicht nur unter anderem über die Steuererklärung des Vereins abgefragt, sondern auch bei Prüfungen über eine so genannte Mittelverwendungsrechnung nachgeprüft. Werden dennoch weitere Geldreserven auf Dauer angesammelt, könnte das sogar die Gemeinnützigkeit kosten.

Ein Weg, der nun auch häufig konsequent beachtet wurde, war die mögliche und ausdrückliche zulässige Bildung von Rücklagen. Also die festgelegte Entscheidung, etwa für ein bestimmtes Projekt oder Vorhaben die benötigten Geldmittel anzusammeln, selbst über einige Jahre hinweg. Denn nicht jeder Verein kann sofort beispielsweise ein Grundstück kaufen, die Reparatur einer Vereinsanlage starten oder andere Verbesserungsmaßnahmen vornehmen. Möglich ist es auch, Kapital anzusammeln etwa für eine anstehende Ersatzbeschaffung, z. B. die anstehende Erneuerung im Fuhrpark oder den Austausch von Gegenständen/Neuanschaffungen hierfür.

Wobei auch hierfür dies zeitlich überprüft werden kann durch das Finanzamt. Kann das Projekt nicht realisiert werden, greift dann gleich wieder die bisherige Zweijahresfrist mit der Vorgabe, die angesammelten Reserven dann eben für andere satzungsmäßige steuerbegünstigte Zwecke/Ziele einzusetzen.

Ein kleiner Lichtblick bei der Rücklagenproblematik ist die stets ergänzend zulässige Bildung einer freien Rücklage. Circa 10 % als Faustregel kann man als freie Rücklage jedes Jahr einstellen. Die freie Rücklage kann dann zeitlich unbeschränkt genutzt werden, hierdurch kann man vom jeweiligen Jahresüberschuss, wenn auch oft nur in kleinen Schritten, eine zulässige Kapitalreserve über Jahre hinweg ansammeln.

 

Neu ist nun, dies auch bereits für das abgeschlossene Vereinsjahr 2020, dass man über eine Änderung der Steuervorschrift durch das zum Jahresende 2020 erst in Kraft getretene Jahressteuergesetz 2020 für kleinere Vereine diese strenge Mittelverwendung nicht mehr vorschreibt.

Denn dadurch will man den Prüfungsaufwand reduzieren, auch diese Vereine etwas von zusätzlichen Steueranforderungen und Beachtung dieser Vorgaben entlasten.

§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO sieht eine Befreiung von dieser zeitnahen Mittelverwendung vor, wenn bei Jahresbetrachtung der gemeinnützige Verein bei seinen Gesamteinnahmen nicht über 45.000 Euro kommt. Also die (kumulierten) Gesamteinnahmen aus dem ideellen Bereich, der Vermögensverwaltung, dem Zweckbetrieb und dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.

Eine Chance, die man auch intern auf der Führungsebene schon für 2020 prüfen sollte.

Liegt man darüber, dann gilt weiterhin die Beachtung der Zweijahresfrist mit der zeitnahen Mittelverwendung und die Möglichkeit, in bestimmter Weise Rücklagen doch noch zu bilden.

Zur bestehenden Möglichkeit, als so genannter Kleinverein mit geringen Einnahmen dies zu nutzen, gibt es noch etwas Verunsicherung. Denn werden dafür die Brutto- oder Nettoeinnahmen hinzugerechnet?

Es ist hierzu über den reinen Gesetzeswortlaut hinaus mit einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums zu rechnen, das zumindest dann aus Sicht der Finanzverwaltung die zutreffende Vorgehensweise näher festlegen wird.

Daher: Prüfen, ob man dies nutzen kann. Zudem sollte es auch zur Aufgabe auf Vorstandsebene gehören, dass man sich über einen erzielten Überschuss nicht nur freut, sondern sich auch für die Vorgaben zur künftigen Mittelverwendung festlegt. Dies zumindest in einem dokumentierten Vorstandsbeschluss.

Übrigens – man benötigt kein spezielles Konto für Rücklagen, aber es muss aus dem Gesamtvermögen erkennbar und nachvollziehbar werden, was in die Mittelverwendung einfließt.