Haftungsfreistellung für ehrenamtlich tätige Mitglieder im Verein?

Bild: Corbis
Der Fall
Ein Sportverein betrieb einen Sportplatz mit Fußballfeld. Ein Mitglied des Vereins war seit längerer Zeit ehrenamtlich als Platzwart für den Verein tätig und kümmerte sich u. a. um die Bekämpfung von Ratten und Mäusen. Dazu setzte er Schussfallen ein. Eine solche hatte er u. a. am Rande des Sportplatzes unter einer mit Sand abgedeckten Betonplatte platziert. Am Rande einer Vereinsveranstaltung hob ein damals Neunjähriger die Betonplatte an, griff in das Loch und die auslösende Falle verletzte den Jungen an der Hand.
Der Junge klagte gegen den Platzwart auf Schadensersatz, der Verein trat dem Prozess nicht bei. Das Verfahren endete durch Vergleich und der Platzwart verpflichtete sich zur Zahlung von Schadensersatz.
Im u. a. Verfahren klagte dann der Platzwart gegen den Verein auf Freistellung nach § 31b Abs. 2 BGB und machte geltend:
(1) Den Verein zu verurteilen, ihn gegenüber den Ansprüchen des xxx freizustellen,
(2) den Verein zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von xxx Euro nebst Zinsen zu zahlen.
Die Klage des Platzwarts gegen den Verein war – bis auf die Anwaltskosten – erfolgreich.
Die Entscheidung
Das LG kam zu dem Ergebnis, dass dem Platzwart ein Anspruch auf Freistellung nach § 31b Abs. 2 S. 1 BGB gegen den Verein zusteht.
Welche Voraussetzungen müssen für einen Freistellungsanspruch gegeben sein?
- Handeln muss ein Vereinsmitglied,
- das ehrenamtlich für den Verein tätig ist, maximal jedoch die Ehrenamtspauschale i. H. v. 720 Euro nach § 3 Nr. 26a EStG dafür erhalten darf.
- Es werden satzungsgemäße Aufgaben des Vereins wahrgenommen, die der Verein übertragen hat;
- dabei handelt das Mitglied fahrlässig und
- es entsteht einem Dritten ein Schaden.
Folge: Der Verein muss das beauftragte Mitglied von Schadensersatzansprüchen Dritter freistellen.
Diese Voraussetzungen wurden vom Gericht alle bejaht, mit folgenden wichtigen Hinweisen für die Praxis:
a.) Abgrenzung zu einer anderen – bezahlten – Tätigkeit
Im Verfahren war fraglich, ob die konkrete Beauftragung der Rattenbekämpfung zu den Aufgaben des ehrenamtlichen Platzwarts gehörte oder nicht. Hintergrund war, dass der Platzwart gleichzeitig mit dem Verein einen Vertrag über eine gewerbliche Tätigkeit abgeschlossen hatte und dafür auch bezahlt wurde. Der Verein konnte aber im Prozess nicht genau erläutern, welche Aufgaben der ehrenamtlichen und welche der gewerblichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Dies ging zulasten des Vereins.
MERKE:
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b) Handelte der Platzwart grob fahrlässig?
Der Freistellungsanspruch des Platzwarts wäre jedoch nach dem Gesetz ausgeschlossen, wenn er grob fahrlässig gehandelt hätte. Denn der Gesetzgeber wollte ehrenamtlich tätige Mitglieder nur dann von der Haftung befreien, wenn diese fahrlässig den Schaden verursacht haben.
MERKE: Grundlage ist § 276 BGB:
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Das Gericht kam in seiner Urteilsbegründung zu dem Ergebnis, dass grobe Fahrlässigkeit nicht vorgelegen hat. Auch wenn der Einsatz der Schussfallen vielleicht nicht ideal gewesen sei, war er nicht unüblich und nicht unzulässig. Der Platzwart hatte auch die üblichen Vorsichtsmaßnahmen beim Aufstellen der Fallen beachtet.
c) Kein Ersatz der Anwaltskosten
Dem Anspruch auf Erstattung der außergerichtlich angefallenen Anwaltskosten gab das Gericht jedoch nicht statt. Die Anwaltskosten waren dem Platzwart entstanden, als er seine Ansprüche gegen den Verein geltend gemacht hatte. Damit lagen die Voraussetzungen nach § 31b BGB nicht vor, da dieser nur die Freistellung von Ansprüchen Dritter vorsieht.
Fundstelle: Landgericht Osnabrück, Urteil v. 05.12.2018, Az. 3 O 1628/18