Autor: Prof. Gerhard Geckle | 02.07.2020

Neues BMF-Schreiben zur Umsatzsteuersenkung ab 01.07.2020!

Bereits seit 1. Juli 2020 gilt bundesweit die Corona bedingte Absenkung der Umsatzsteuersätze im bisher geltenden Umsatzsteuerrecht:
Bild: Michael Bamberger

Bild: Michael Bamberger

  • Der bisherige volle USt-Satz von 19 % wird ab 01.07.2020 auf 16 % abgesenkt,
  • der ermäßigte USt-Satz von 7 % ab 01.07.2020 auf 5 %.
  • Zeitraum hierfür bislang: ab 1. Juli bis 31.12.2020.

Das Bundesfinanzministerium hat nun nach gewisser Abstimmung mit den Großverbänden und Wirtschaftsvereinigungen ein neues BMF-Schreiben herausgegeben, das recht umfassend zur zeitlich befristeten Umsatzsteuersenkung konkrete, wenn auch nicht einfache Vorgaben enthält. Diese Detailregelungen sind auf jeden Fall für die Finanzämter bindend, sie sollten aber auch von den Vereinen/Verbänden und weiteren rechtsformunabhängigen Organisationen ab sofort beachtet werden. Sicherlich keine leichte Kost für viele Vereine, die ggf. noch ohne Berater mit diesen Änderungen aktuell konfrontiert sind. Auf 25 Seiten (!) werden die wichtigsten Steuergrundsätze dargestellt und erläutert.

 

Nachfolgend einige vereinsrelevante Hinweise zur Umsetzung und zur Anwendung der Neuvorgaben:

 

Tipp 1

Bei diesen Vorgaben gilt uneingeschränkt der Grundsatz, dass es nur auf die Leistungserbringung ankommt. Damit auch unabhängig von jeglichen schriftlichen Vereinbarungen oder Verträgen, kommt es auch nicht auf die Ausstellung oder den Zugang einer Rechnung an. Es zählt auch nicht die Vereinnahmung des Entgelts, sondern es kommt stets nur darauf an, wann die umsatzsteuerrelevante Leistung ausgeführt wurde. Selbst Anzahlungen sind für die Entstehung der USt ohne Bedeutung.

 

Tipp 2

Beispiele dazu:

  • Wird die Leistung vor dem 30.06.2020 erbracht, dann kommt unabhängig, wann hierauf die Rechnung folgt, der bisherige volle USt-Satz mit 19 % oder ermäßigt mit 7 % noch zur Geltung.
  • Erfolgen Leistungen oder auch Teilleistungen nach dem 30.06.2020, dann greift die USt-Senkung, also 16 % bzw. 5 %.
  • Werden Leistungen hingegen erst nach dem 31.12.2020 erbracht, dann greift wieder die bislang schon geltende USt-Regelung mit den (alten, erhöhten) USt-Sätzen.

 

Tipp 3

Liegen Dauerverträge wie Mietverträge, Leasingverträge oder auch Abos z. B. vor, kommt es auf den Zeitpunkt an, wann Teilleistungen erbracht werden.

Bei Energieverträgen mit üblicher Abrechnung nach Ablesezeiträumen kommt der abgesenkte USt-Satz zur Geltung, wenn diese in einem Zeitpunkt von Juli bis Dezember 2020 liegen.

Nach dem 01.07.2020 somit grundsätzlich mit dem ermäßigten USt-Satz wiederum bis Jahresende 2020.

Bei den Jahreskarten im öffentlichen Nahverkehr, Saisonkarten, Schüler- und Studentenkarten, Abos etc. kommt es auf den Zeitpunkt der Leistung an. Beim Jahreskartenverkauf als Vorauszahlung damit am Ende des Leistungszeitraums mit dem dann hierfür geltenden USt-Satz.

 

Tipp 4  

Besonders aufpassen bei der Besteuerung von Bewirtungsleistungen in eigenen oder verpachteten Vereinsgaststätten, Herbergen, Sportschulen etc.: Bei Speiseabgabe, also Essen zum Mitnehmen, bei Lieferservice bisher schon 7 %, ab 01.07.2020 nun sogar nur 5 % USt.

Soweit im Restaurant vor Ort gegessen, serviert wird, dann ab 01.07. nur 5 % auf die Speisekarte! Anders Getränke: da greift der volle USt-Satz im Regelfall, also nun 16 % ab 01.07.2020.

Bei verpachteten Vereinsheimen/Gaststätten auch den Pächter noch darauf aufmerksam machen, wobei bei elektronischer Kassenführung die Umstellung und Anpassung an die veränderten USt-Sätze ab Juli 2020 sicherlich bereits zutreffend und nachvollziehbar erfolgt sind.

Soweit mit Barkassen im Verein in den Clubheimen gearbeitet wird, die neuen USt-Vorgaben mit beachten, auch was die Rechnungsstellung und Abrechnung angeht.

Wobei es im neuen Jahr dann spannend bleibt, da dann für Speisen ab Januar 2021 bis 30.06.2021 wieder der alte USt-Satz von 19 % gilt, Beherbergungen, Hotels und Übernachtungen etc. dann mit 7 %.

 

Tipp 5 

Bei Anzahlungen durch Vereine oder Verbände, etwa bei laufenden Bauvorhaben oder anderen größeren Investitionen, entsteht die Umsatzsteuer für verlangte Anzahlungen nach den gesetzlichen Vorgaben, die zum Zeitpunkt der Zahlung gelten. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn in der separaten Anzahlungsrechnung auch schon vor dem Inkrafttreten der Änderung der abgesenkte Steuersatz berücksichtigt wird, bei Leistungsausführung nach der Steuersatzabsenkung/USt-Änderung. Diese kleine Erleichterung (BMF-Schreiben Nr. 2.2. Ziffer 9) soll sowohl für den zeitlichen Übergang im Juli 2020 dann greifen als auch zum Jahresende, zum 01.01.2021.

 

Tipp 6 

Es gibt zudem eine interessante Nichtbeanstandungsregelung (BMF-Schreiben Nr. 3.12, Textziffer 46), soweit in den Vereinen nicht gleich genau nach den neuen USt-Vorgaben gehandelt wurde. Wenn ein leistender Unternehmer im Monat Juli 2020 Leistungen ausführt und für die erbrachte Leistung noch den (alten) USt-Satz in seiner Rechnung ansetzt, muss für diesen Übergangsmonat nicht unbedingt die Rechnung korrigiert bzw. berichtigt werden. Wird also vom leistenden Unternehmer anstelle der abgesenkten USt-Sätze nun noch 19 % oder 7 % in der Rechnung ausgewiesen und dann dieser Steuerbetrag vom Leistungsempfänger an das Finanzamt angemeldet und abgeführt, darf der Rechnungsempfänger trotz eigentlich unrichtiger Rechnung von sich aus den vollen Vorsteuerabzug nach dem in der Rechnung ausgewiesenen Steuersatz geltend machen.

Drei Praxis-Beispiele hierzu:

Beispiel 1:

Die erfolgte Werbung in seiner Vereinszeitschrift wird den Sponsoren und Werbetreibenden gegenüber zeitnah abgerechnet. Mit der am 05.07.2020 erschienenen Vereinszeitschrift für den Monat Juli 2020 erhält der jeweilige Sponsor die Rechnung hierfür, mit einem Zahlungsziel bis zum 15.07.2020. Wie in Vormonaten werden diese Werbeleistungen nun nochmals versehentlich mit 19 % USt ausgewiesen und so berechnet, bei dem Nettorechnungsbetrag somit mit 19 % USt, somit 95 Euro an USt zu den 500 Euro als Nettobetrag.

Wie zuvor erläutert, hätte da der Vereinsschatzmeister/Kassierer nur 16 % ansetzen dürfen ab Juli 2020. Somit rein rechnerisch insgesamt mit 580 Euro, mit einem USt-Betrag von nur noch 80 Euro.

Der Sponsor kann damit bei seiner eigenen Buchhaltung nur die gesetzlich geschuldete Vorsteuer abziehen, also 80 Euro, und nicht etwa den höheren Betrag in der unrichtigen Rechnung. Aber für den Monat Juli 2020 gibt es eine kleine Nichtbeanstandungsregelung mit der Folge, dass der zahlende Sponsor nun doch noch diese ausgewiesenen 95 Euro als Vorsteuer geltend machen darf.

Der Verein selbst schuldet die von ihm, wenn auch unzutreffend ausgewiesene Umsatzsteuer dem Finanzamt und muss diesen Betrag in seiner USt-Vorauszahlung anmelden und dann so abführen.

Beispiel 2:

Für die erfolgte und veröffentlichte Werbeanzeige im Juli 2020-Heft stellt der Verein wegen Urlaubsabwesenheit des Schatzmeisters dann erst am 15.08.2020 diese Rechnung mit dem alten USt-Satz von 19 %.

Kein Problem für den Sponsor, wenn er die Rechnung gezahlt hat. Maßgebend für die Beurteilung seines möglichen Vorsteuerabzugs ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung, also im Juli 2020. Hier greift die Nichtbeanstandungsregelung zugunsten des Sponsors, er kann den vollen Vorsteuerabzug nach der (unrichtigen) Rechnung dennoch geltend machen für sich.

Beispiel 3:

Auch im August 2020 erscheint die monatliche Vereinszeitschrift wieder, dabei ist der Sponsor mit einer neuen Werbeanzeige. Mit der am 10.08.2020 veröffentlichten und fertiggestellten Zeitschrift als Belegexemplar erhält der Sponsor auch gleich seine Rechnung. Wie in den Vormonaten hat der Kassierer leider nur die Monatsangaben aktualisiert, also auch weiterhin für die 500 Euro Nettobetrag für die Werbeanzeige auch noch die (früheren) 19 % an USt hinzugesetzt.

Wie zuvor erläutert, gilt diese Sonderregelung nur für den Monat Juli 2020, nicht darüber hinaus. Der Sponsor darf damit nur 80 Euro an Vorsteuer geltend machen. Anders beim Verein: dieser muss als Zahlungspflicht die ausgewiesene und erhaltene Umsatzsteuer in Höhe von 95 Euro beim Finanzamt anmelden und abführen.

Daher aus Vereins- oder Verbandssicht genau kontrollieren, wann die Leistung jeweils erbracht wurde. Fehler in erteilten Rechnungen mit unrichtigen Steuersätzen können im Regelfall nur im Juli 2020 noch aufgefangen werden über diese Nichtbeanstandungsregelung.

Also auf die richtige Rechnungsausstellung achten bei vorsteuerabzugsberechtigten Vertragspartnern/Sponsoren etc.

Aufpassen, ob bereits die genutzte Software bei Vereinen/Verbänden diese überraschende USt-Senkung jeweils bei Rechnungen im Eingang und Ausgang zutreffend erfasst. In Eilfällen den Service kontakten!

 

Am Rande und zur Klarstellung:

Die sogenannten Kleinunternehmer sind hiervon und von den Auswirkungen des neuen BMF-Schreibens nicht betroffen. Soweit also ein Verein mit seinen umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen im Vorjahr unter 22.000 Euro lag (für 2019) und in 2020 nicht mehr als 50.000 Euro an Einnahmen erwartet, darf dann keine Rechnung mit USt-Ausweis herausgeben. Auf den Kleinunternehmerstatus nach § 19 UStG beim Verein sollte in der Rechnung hingewiesen werden.

Prüfen sollte man zudem auch die sog. Kleinbetragsrechnungen, also Rechnungsbelege oder Quittungen bis zu 250 Euro im Einzelfall. Denn auch diese Belege oder z.B. auch Kassenbons können einen unrichtigen Steuerbetrag zumindest in den ersten Wochen nach dem 01.07.2020 haben, also ggf. auch den alten, noch zu hohen Steuersatz ausweisen. Fehler im Juli dürften noch unter die Nichtbeanstandungsregelung fallen, also beim vorsteuerabzugsberechtigten Verein/Verband zum vollen Vorsteuerabzug führen.

Es gehört zu einer ordnungsgemäßen Vereinsgeschäftsführung, dass auf die Auswirkungen der Umsatzsteuersatzsenkungen richtig und zeitnah reagiert wird. Auch unabhängig davon, ob die günstige USt-Absenkung bei Abgabepreisen/Leistungsangeboten nun weitergegeben wird oder nicht.

Soweit fremde Steuerberatung vom Verein erfolgt für den Umsatzsteuerbereich, auch den Berater hierauf ansprechen, ob noch interner Handlungsbedarf besteht.

Für diesen besonderen eingegrenzten Zeitraum von Juli 2020 bis Ende 2020 wird es keine neuen Voranmeldungsvordrucke oder Dateien geben.

Es bleibt auch bei der bisherigen USt-Jahressteuererklärung für das Jahr 2020.

Das umfangreiche BMF-Schreiben enthält zudem unzählige Hinweise zu einzelnen Leistungsarten, aber auch gezielte Erläuterungen für Korrekturen, Berichtigungen etc.

 

Quelle: BMF-Schreiben v. 30.06.2020, IIIC 2-S 7030/20/10009-004

Das neue BMF-Schreiben wird noch im Bundessteuerblatt amtlich veröffentlicht. Es steht aber derzeit für eine Übergangszeit auf der Internetseite des BMF (Bundesfinanzministerium.de) unter der dortigen Rubrik Steuern-Veröffentlichungen zu Steuerarten-Umsatzsteuer zum Download zur Verfügung.

Beachten Sie hierzu bitte auch die News vom 07.07.2020 „Die Umsatzsteuersenkung ab 01.07.2020 – weitere Einzelheiten für den Bewirtungsbereich!“