Autor: Stefan Wagner | 27.09.2022

Muss (kann) ein Verein Auskunft an die Mitglieder über das Gehalt eines Trainers erteilen?

Kernaussage der Entscheidung: Es stellt keinen Verstoß gegen die DSGVO dar, wenn ein Vorstand im Rahmen seiner Rechenschafts- und Auskunftspflicht den Mitgliedern Informationen über das Gehalt eines Trainers erteilt.
Bild: Adobe Stock

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Um was geht es in diesem Fall?

Ein Verein versandte seinen Haushaltsplan per E-Mail an seine Mitglieder. Aus den Unterlagen ließ sich das Gehalt eines Trainers ersehen, der auch namentlich genannt war. Der Trainer verklagte daraufhin den Verein wegen Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auf Schadenersatz.

Das LG wies die Klage ab.

Wie ist die Rechtslage?

Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet: Verarbeitung personenbezogener Daten

Das LG stellte zunächst klar, dass die Datenweitergabe an die Mitglieder in den Anwendungsbereich der DSGVO fiel. Es wurden nämlich durch die Übermittlung per E- Mail personenbezogene Daten i. S. der DSGVO „verarbeitet“.

 

Rechtsgrundlage: Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO – Wahrung berechtigter Interessen

Nach Auffassung des LG war die Datenverarbeitung aber nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO zulässig.

Art. 6 Rechtsmäßigkeit der Verarbeitung

(1) Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:

….

f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten fordert, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.

…..

Nach dieser Regelung ist eine Datenverarbeitung – ohne Zustimmung der betroffenen Person – rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich sind, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordert, überwiegen.

Bei Anwendung dieser Regelung ist daher zu prüfen,

  • ob ein berechtigtes Interesse (hier des Vereins) bestand, die Daten zu verarbeiten,
  • ob dieses Interesse gegen andere rechtliche Regelungen oder gegen datenschutzrechtliche Grundsätze verstößt und ob der Erforderlichkeitsgrundsatz und das Gebot von Treu und Glauben eingehalten sind und
  • ob die Interessen des Betroffenen nicht überwiegen.

 

Verein hat ein berechtigtes Interesse an der Datenweitergabe

Das berechtigte Interesse an der Datenweitergabe sieht das LG darin, dass die Mitglieder alle Tatsachen kennen müssen, die für den Verein von Bedeutung sind. Nur so können sie kompetent an den Entscheidungen mitwirken. Der Haushaltsplan ist dabei von hohem Stellenwert. Daher stehen den Vereinsmitgliedern auch entsprechende Auskunftsrechte gegenüber dem Verein zu.

Der Vorstand ist daher auf Verlangen eines jeden einzelnen Mitglieds auskunftspflichtig, jedenfalls soweit dies zur sachgemäßen Erledigung von Tagesordnungspunkten notwendig ist. Das ergibt sich aus § 27 Abs. 3 BGB, der auf die Auskunftspflichten des Vorstands nach dem Auftragsrecht verweist (§ 666 BGB).

Gleiches gilt, wenn die Weitergabe der Daten nicht durch den Verein bzw. den Vorstand erfolgt ist, sondern durch ein Vereinsmitglied an andere Mitglieder. Auch Vereinsmitgliedern muss es gestattet sein, Tatsachen, die für den Verein von Bedeutung sind, untereinander auszutauschen. Die Daten blieben – so das LG – in beiden Fällen in einem geschützten Bereich des Vereins.

 

Datenweitergabe war erforderlich

Auch der Erforderlichkeitsgrundsatz ist nicht durchbrochen worden. Dies gilt auch dann, wenn man eine Schwärzung des Namens des Trainers in Betracht zieht. Eine solche Schwärzung – so das LG – hätte aber den Informationsgehalt reduziert.

Für die Vereinsmitglieder muss transparent sein, wer als Trainer tätig ist und wer in welcher Höhe eine Vergütung für seine Tätigkeit erhält. Nur so kann durch die Mitglieder geprüft werden, ob die Vergütung in einem gerechten Verhältnis zum Aufwand des jeweiligen Trainers steht und damit die Budgetierung im Einzelnen angemessen ist.

 

Interesse der Mitglieder überwiegt

Die Interessen des Vereins überwiegen auch die berechtigten Interessen des Trainers. Die Entscheidungsbefugnisse der Mitglieder in der Mitgliederversammlung setzen eine Transparenz in den Vereinsangelegenheiten voraus. Die ist nur dann zu erreichen, wenn die den Verein betreffenden Gegebenheiten nicht unter Verschluss gehalten werden. Darüber muss sich jede Person bewusst sein, die Mitglied eines Vereins wird. Die Kollektivinteressen an der Transparenz der Vereinsgeschehnisse überwiegen das Interesse eines einzelnen Mitglieds an der Geheimhaltung der den Verein betreffenden Tatsachen.

Dem Trainer hätte zudem bewusst sein müssen, dass dann, wenn er als Trainer vergütet wird, die Höhe der Vergütung für den Verein und damit auch für die Mitglieder von Bedeutung ist.

Das Gericht sah auch keinen durchgreifenden Grund für eine besondere Geheimhaltung. Soweit der Trainer eine Anfeindung von anderen Mitgliedern wegen einer vermeintlichen Bereicherung auf Kosten des Vereins befürchten musste, unterfällt das dem allgemeinen Lebensrisiko. Dabei verwies das LG darauf, dass insbesondere wegen der geringen Höhe der Vergütung (600 Euro jährlich) kein besonderes Geheimhaltungsinteresse bestand.

 

Hinweis für die Vorstandsarbeit

Das Thema des Umgangs mit sensiblen Daten und Informationen über die im Verein tätigen Personen, sei es im Ehrenamt oder in einem Beschäftigungsverhältnis, ist ein Dauerbrenner und führt in der Praxis immer wieder zu kontroversen Diskussionen.

Immer wieder wird dabei die Auffassung vertreten, dass die Mitglieder des Vereins keinen Anspruch darauf haben, zum Beispiel die Höhe des Gehalts eines Mitarbeiters des Vereins zu erfahren.

Wie die Entscheidung des LG zeigt, besteht zumindest in der Mitgliederversammlung auch in diesen Fragen ein umfassender Auskunftsanspruch auch eines einzelnen Mitglieds.

Verweigert der Vorstand im Einzelfall die Erteilung solcher Informationen, muss er mit einer entsprechenden Klage auf Auskunftserteilung und Einsicht in die relevanten Unterlagen rechnen (§§ 666, 810 BGB).

 

Fundstelle: Landgericht (LG) Frankfurt a. M., Urteil vom 01.11.2021, Az.: 2-01 S 191/20