Was in einer Mitgliederversammlung alles schiefgehen kann

Bild: Corbis
Kernaussage der Entscheidung
- Wenn der Versammlungsraum der Mitgliederversammlung tatsächlich zu klein ist und nicht allen Mitgliedern einen Platz bietet, liegt ein Ladungsmangel vor und die Beschlüsse sind nichtig.
- Wenn Gäste ohne Erlaubnis an der Mitgliederversammlung teilnehmen, hat das nicht zwingend Auswirkungen auf die Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse.
- Die Beschlüsse der Mitgliederversammlung sind nicht zwingend unwirksam, wenn die Abstimmung entgegen der nach der Satzung vorgeschriebenen Form durchgeführt wird.
Um was geht es in diesem Fall?
Wenn bei der Planung, Einberufung und Durchführung einer Mitgliederversammlung Fehler gemacht werden, weil entweder gegen die Satzung oder gesetzliche Bestimmungen verstoßen wurde, hat dies zur Folge, dass die Beschlüsse der Mitgliederversammlung unwirksam oder zumindest anfechtbar sind.
Die Mitglieder können dann gerichtlich gegen diese Beschlüsse vorgehen und sie im Rahmen einer Feststellungsklage anfechten. Fehler, die in einer Mitgliederversammlung auftreten, können sehr unterschiedlich sein und werden von den Gerichten zum Teil auch unterschiedlich bewertet, wie der Fall des KG zeigt.
Wie ist die Rechtslage?
Der unzureichende Versammlungsraum
Bei der Planung der Platzkapazitäten kann der Vorstand auf die Erfahrungswerte der letzten Jahre zurückgreifen und er muss nicht davon ausgehen, dass alle Mitglieder zur Mitgliederversammlung erscheinen.
Auch in Corona-Zeiten darf nicht mit einer Voranmeldung gearbeitet werden, um die Platzkapazitäten planen zu können, es sei denn, es gibt dafür eine Satzungsgrundlage. Grundsätzlich darf jedenfalls kein Mitglied abgewiesen werden, das sich nicht zur Teilnahme an der Versammlung angemeldet hat.
Wenn die Plätze dann tatsächlich nicht ausreichen und Mitglieder abgewiesen werden müssen, liegt ein Ladungsmangel vor mit der Folge, dass die gefassten Beschlüsse nichtig sind. Richtig wäre es in diesem Fall, die Versammlung abzusagen und neu einzuladen.
Die unerlaubten Gäste
Grundsatz: Mitgliederversammlungen sind grundsätzlich nicht öffentlich und es dürfen nur die Personen teilnehmen, die nach der Satzung teilnahmeberechtigt sind. Ob Gäste an der Versammlung teilnehmen dürfen, richtet sich nach der Satzung des Vereins.
Nach Auffassung des KG können Gäste auch ohne Erlaubnis an der Mitgliederversammlung teilnehmen, ohne dass dies Auswirkungen auf die gefassten Beschlüsse hat. Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn die Anwesenheit von Nichtmitgliedern Einfluss auf das Abstimmungsverhalten der Mitglieder hat. Dies kann zum Beispiel bei einem Redebeitrag eines Gastes der Fall sein, der die Mitglieder beeinflusst.
Der Versammlungsleiter muss also die Regelungen der Satzung kennen. Häufig ist vorgesehen, dass die Versammlung über die Zulassung von Gästen entscheidet.
Sollte die Satzung diese Frage nicht regeln, kann der Versammlungsleiter dennoch abstimmen lassen, auch wenn dies nach der Tagesordnung nicht vorgesehen ist. Es handelt sich dann hier um einen Verfahrensbeschluss, über den mit einfacher Mehrheit abzustimmen ist.
Die fehlerhafte Abstimmung
Im vorliegenden Fall sah die Satzung vor, dass über bestimmte Beschlüsse die Versammlung geheim abstimmt, was nicht eingehalten wurde. Führt dieser Fehler zwingend zur Unwirksamkeit?
Das KG stützte sich hier auf die sogenannte Relevanztheorie des BGH, die besagt, dass ein Fehler nur dann relevant ist und auf das Abstimmungsergebnis durchschlägt, wenn tatsächlich davon ausgegangen werden kann, dass das Ergebnis ansonsten ein anderes gewesen wäre, das heißt, der Fehler tatsächlich ursächlich war.
Dies war im vorliegenden Fall nicht erkennbar, da das Ergebnis 32 : 5 Stimmen lautete. Das KG schloss daraus, dass das Ergebnis kein anderes gewesen wäre, wenn tatsächlich – wie in der Satzung vorgesehen – geheim abgestimmt worden wäre.
Hier kann man sicher auch anderer Meinung sein.
Hinweis für die Vorstandsarbeit
Ein Vorstand ist auf jeden Fall gut beraten, die Satzung zum Thema Mitgliederversammlung genau zu beachten. Grundsätzlich sind die Beschlüsse einer Mitgliederversammlung durch die Mitglieder gerichtlich anfechtbar und der Vorstand hat dann im Prozess die Beweislast dafür, dass die Beschlüsse wirksam zustande gekommen sind.
Wenn doch ein Fehler vorliegen sollte, kann im Einzelfall versucht werden nachzuweisen, dass der Fehler nicht relevant war und auch bei korrekter Anwendung der Satzung das gleiche Abstimmungsergebnis vorliegen würde.
Gelingt diese Beweisführung im Prozess nicht, läuft der Vorstand Gefahr, dass die Beschlüsse unwirksam sind und die Versammlung wiederholt werden muss.
Fundstelle: Kammergericht Berlin (KG), Beschluss vom 12.02.2021, Az.: 22 W 1047/20