Autor: Stefan Wagner | 09.06.2020

Wann spricht man von Sonderrechten eines Vereinsmitglieds?

Grundsätzlich gilt im Vereinsrecht der Gleichbehandlungsgrundsatz. Das bedeutet, dass alle Mitglieder (ordentliche Mitglieder) die gleichen Rechte und Pflichten haben. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings Ausnahmen: die Satzung kann einzelnen Mitgliedern unterschiedliche Rechte und Pflichten einräumen.
Bild: Corbis

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Was ist ein Sonderrecht im Vereinsrecht?

Bei der Ausgestaltung der Vereinssatzung ist darauf zu achten, ob die Mitglieder mit besonderen Rechten und Pflichten insoweit bessergestellt werden sollen als es sich bei diesen besonderen Rechten um ein sogenanntes Sonderrecht nach § 35 BGB handeln soll.

Wenn die Satzung Mitgliedern ein solches Sonderrecht einräumt, kann dieses nicht ohne Zustimmung des Mitglieds später wieder entzogen werden. Deswegen soll der Verein bei der Formulierung der Satzung hier besonders vorsichtig sein.

§ 35 BGB regelt, dass ein Sonderrecht eines Mitglieds nicht ohne dessen Zustimmung durch einfache Satzungsänderungsmehrheit durch die Mitgliederversammlung entzogen werden kann. Dies kann dazu führen, dass der Verein keine Möglichkeit hat, die Satzung später entsprechend zu ändern, um ein gewährtes Sonderrecht wieder zu entziehen.

Der Fall

Die Satzung des Vereins regelte, dass ein verdientes Mitglied zum Ehrenpräsidenten ernannt werden kann, der Sitz und Stimme im Gesamtvorstand erhält. Diese Regelung wurde vom Verein per einfacher Satzungsänderung gestrichen.

Das Registergericht lehnte diese Satzungsänderung jedoch ab, weil der inzwischen ernannte Ehrenpräsident seine Zustimmung zur Löschung dieser Satzungsregelung verweigert hatte. Das OLG gab dem Präsidenten recht. Es handelte sich hier um ein Sonderrecht nach § 35 BGB, das nicht ohne Zustimmung entzogen werden konnte.

 

Das Urteil

Das OLG wies darauf hin, dass ein Sonderrecht nach § 35 BGB ein auf der Satzung beruhendes besonderes Mitgliedschaftsrecht ist, das nicht allen Mitgliedern allgemein zusteht. Es handelt sich hierbei um ein Vorrecht des betroffenen Mitglieds. Ein Sonderrecht nach § 35 BGB liegt aber nur vor, wenn dieses unentziehbar sein soll. Dies muss sich aus der Satzung ausdrücklich ergeben. Unentziehbare Sonderrechte setzen ein besonders schutzwürdiges Interesse des berechtigten Mitglieds voraus. Sie gelten regelmäßig für die Dauer der Mitgliedschaft.

 

Typische Sonderrechte sind zum Beispiel:

  • Beitragsbefreiungen oder Beitragsreduzierung
  • Teilnahme an Sitzungen der Vereinsorgane
  • Besonderes Antragsrecht in der Mitgliederversammlung
  • Automatische Mitgliedschaft in bestimmten Gremien des Vereins
  • Teilnahme an Sitzungen anderer Vereinsorgane
  • Mehrfaches Stimmrecht in der Mitgliederversammlung.

 

Fundstelle: Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss v. 20.08.2019, Az. 5 W 43/19